Über den Versuch, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen

Vorgestern hatte ich keine Lust in den Landtag zu fahren. Einfach so. Ich war zu sehr frustriert, dass sich kaum etwas verändert hatte in der Fraktion und ihren Arbeitsabläufen und noch zu sehr im Entspannungsmodus, um mich weiter frustrieren zu lassen. Auf dem Weg nach Düsseldorf habe ich also eine andere Abfahrt genommen und bin zu einem ehemaligen Arbeitgeber gefahren, um dort den Kollegen zu besuchen mit dem ich jahrelang zusammengearbeitet habe.

Was ich sehr an ihm schätze ist seine Art die Welt zu betrachten. Wie ich es mir zusammen reime, hat er die Welt bereist, um sich selbst zu finden und ist dabei sowohl weit herum gekommen, als auch ein wenig weise geworden. Mindestens einen gesunden Abstand vom Alltagsleben und einen Fatalismus, den ich wegen seiner Weitsichtigkeit bewundere, hat er dabei entwickelt.

Vor ein paar Monaten habe ich ihn “überzeugt” Pirat zu werden. Seitdem beobachtet er die Partei und natürlich auch mich sehr genau und hat einen Blick auf die Dinge, den mir niemand anders bieten kann. Lange Rede kurzer Sinn, er hat mich mit der Nase darauf gestoßen, wir dumm mein Versuch war, durch die Kandidatur zum Vorsitzenden eine Diskussion um die Vereinbarkeit von Amt und Mandat auszulösen.

Perfekt wäre es gewesen, hätte ich am Sonntag morgen auf der Bühne gestanden und meine Kandidatur zum stellvertretenden Vorsitzenden aktiv zurückgezogen. Als die Versammlung allerdings diese Entscheidung getroffen hat, lag ich mit weit überhöhtem Alkoholspiegel im Bett. Der Tag davor und die Worte “Das hast du nicht verdient, das die dich so abstrafen! Dafür hast du zu viel geleistet!” gerade von dem Kollegen, der vehement gegen meine Wahl argumentiert hat, haben das Tequila-Bier zu meinem besten Freund gemacht.

Daher wurde ich weder aufgestellt, noch gewählt und hatte keine Chance, eine Diskussion zu starten. Wahrscheinlich wäre dies eh in die Hose gegangen wie der Versuch von Fizz in Soest, über die Bezahlung von Vorständen zu reden. Aber den Versuch zu starten, das war es Wert!!

Ich bitte mich zu verstehen: Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis. Ich finde unseren neuen Vorstand super und glaube dass dieser zum LV NRW und unserer Fraktion passt. Ich habe diese Leute auch gewählt und ihnen meine Unterstützung angeboten, wo es nur geht.

Was ich allerdings bereue ist die Tatsache, dass mein Ex-Kollege mich fragt, warum ich denn immer mit dem Kopf durch die Wand wolle. Ich hätte die Kandidatur doch nicht nötig gehabt…  und da fällt mir ins Auge wie die unbedarfte Mehrheit meinen Versuch eines Diskussionsbeginns sieht: der verzweifelte Versuch vom Marsching an der Macht zu bleiben. Ein selbstverliebter Typ, der meint alles auf einmal zu können.

Ich werde Monate,  wenn nicht Jahre brauchen, um diesen Eindruck vor allem bei den neuen Mitgliedern wieder gerade zu rücken. So wie die Diskussion um Vorstandsgehälter unbeantwortet bleibt, wir keine Definition für die Basisdemokratie haben und das Thema “was ist Transparenz” ohne Debatte einfach in Raum steht, werden wir auch nicht über Amt und Mandat reden. Der Versuch das zu ändern hat mich meinen Ruf gekostet. Hoffentlich kommt die Diskussion noch vor der Bundestagswahl und verursacht keinen weiteren Kollateralschaden!

Bis dahin werde ich weiter in der Fraktion arbeiten, zeigen dass mir das Mandat unglaublich wichtig ist und immer wieder darauf hinweisen, dass wir uns stetig entwickeln müssen um nicht von den anderen gefressen zu werden. Dazu gehört auch, sich endlich über seine Grundsätze klar zu werden…

3 Comments

  1. Stahlrabe28. Juli 2012

    Lieber Michele,

    ich bin einer der sogenannten “Neupiraten”. Aber meine Überlegung, Dich nicht zu wählen, hatte, da ich als Neupirat Deine bisherige Arbeit kaum bewerten kann, nichts damit zu tun, daß ich Dich als machthungrig einstufe. Ich bin schlichtweg der Meinung, daß jeweils einer dieser Posten ausreicht, um einen überdurchschnittlich engagierten Menschen an seine Leistungsgrenze zu bringen. Daher fiel die Entscheidung rein rational.
    Darüber hinaus bin ich zufrieden, daß wir an beiden Stellen solche Menschen zu Verfügung haben und bin sicher, daß dies die bessere Alternative ist.
    Weitreichende persönliche Entscheidungen sind immer emotional, daher ist es wichtig, sich zu reflektieren (z.B. an Freunden, die nicht so eng mit der Politik verbunden sind). Und verständlich ist es, sich ab und zu zu betrinken. Aber vielleicht machst Du es das nächste mal anders herum: erst reflektieren, dann betrinken! :o)
    Man lernt eben nie aus.

    Gruß, Stahlrabe

    Antworten
    1. mmarsching28. Juli 2012

      Dass mich viele nicht gewählt haben aufgrund der Amt-Mandat-Geschichte ist mir am Ende recht klar geworden. Leider ist eine Diskussion ausgeblieben, eine Entscheidung wie sie z.B. auf dem Bundesparteitag gefällt wurde kam dabei nicht heraus.

      Den falschen Weg gewählt zu haben sieht man manchmal eben erst, wenn man vorm Ende der Sackgasse steht. 😉

      Antworten
  2. Stahlrabe28. Juli 2012

    Fuck Smileys!!!einself!
    der soll SO: aussehen : o )
    Irgendwann lerne ich das auch noch!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Scroll to top